Kammermusik Fagott/Klavier James Aylward, Ermis Theodorakis

naTo

Leipzig

8 Euro
5 Euro ermäßigt

Billone, Kleinlosen, Mahnkopf, O. Neuwirth, Saunders, Theodorakis

Adrian Kleinlosen 1987 –
Jazz: Fetzen 2015-2016/2018

für Fagott und Tape

„Jazz: FETZEN entstand auf Anregung James Aylwards, der im August 2017 an der Uraufführung des Ensemblewerkes Jazz beim Lucerne Festival mitwirkte.

Aus dem ehemals für Fagott, DJs, Elektronik, Klavier, Kontrabass und Drumset komponierten Stück wurde eine Version für Fagott und elektronischem Zuspielband komponiert, in der die Stimme des Fagotts weitestgehend beibehalten wurde; die Elektronik übernimmt fortan die Rolle des Ensembles: sie kommentiert, ahmt nach, ist anfangs noch verwoben und bezogen auf das Fagott, um schließlich eigene Wege einzuschlagen und gleichberechtigt neben dem Fagott als ‚Musiker‘ aufzutreten.

Beim elektronischen Teil kommen Techniken der Granulation zur Anwendung. War bisher der einzelne Ton das kleinste musikalisch brauchbare Element, so hat sich dies mit der elektronischen Musik grundlegend geändert. Vergleichbar mit der Welt der Teilchenphysik, die das Winzigste zum Bestandteil ihrer Arbeit erhebt  – so etwa Quarks, Leptonen, Hadronen, Gluonen oder Bosonen -, sind nunmehr Grains (Körner), musikalische Kleinstteilchen mit einer Dauer von oft nur einer Tausendstelsekunde, die Bausteine der Kompositionen.

In Jazz Fetzen sind die Grains gänzlich unterschiedlicher Provenienz. Rein elektronisch generierte Klänge stehen neben Samples, kurzen bruchstückhaften Schnipseln von Tonaufnahmen. Die Herkunft der mehrfach übereinander geschichteten Klänge hörend zu erkennen, wird im Verlaufe des Stückes zunehmend schwieriger: Algorithmen verändern die Klänge dergestalt, dass sie sie sich nicht mehr auf ihre originale Klangquelle rückführen lassen.

Deconstructing Cage. Changed music ist eine künstlerische Antwort auf die Musik John Cages, die in einem zweitägigen Symposium an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig im Herbst 2017 diskutiert wurde, u. a. in einem öffentlichen Gespräch von Musikwissenschaftlern und Komponisten. Daraus hervorgegangen ist die einminütige Klavierminiatur, die Material der Music of Changes nimmt – die Auswahl des Materials folgt wie seine formale Setzung in Cage'scher Manier der Laune des Computers, mithin Zufallszahlen – und daraus Konsequenzen zieht: Nicht mehr zusammenhangslos nebeneinander stehende Entitäten bestimmten die Faktur der Musik, sondern das musikalische Material wird vermittelt. Da wo die kompositorische Arbeit John Cages aufgehört hat, fängt sie in Deconstructing Cage also erst an. Was daraus resultiert, ist das komplette Gegenteil der Klangsprache und Ästhetik John Cages: Deconstructing Cage ist immens dicht, polyphon, rasend schnell.“ (Adrian Kleinlosen)

Claus-Steffen Mahnkopf 1962 –
Kurzes Leben 1 2015

für Fagott und Klavier

„Eine meiner kompositorischen Konstanten ist die Polyphonie, und dabei der Versuch, dieselbe in immer stärker ausgeprägte Extrembereiche zu führen, worunter ich die Steigerung der Komplexität sehe, die im Differenzierungspotential der musikalischen Faktur liegt. Die Ausdifferenzierung der bei der Polyphonie beteiligten Stimmen führt zu deren zunehmender Abtrennung bei gleichzeitig beibehaltener harmonischer Kontrolle des Gesamtgeschehens. Das Verfahren des Auskomponierens dieser Stimmen kann ab einem bestimmten Augenblick dazu führen, daß die nun sehr genau und unabhängig vom übrigen Geschehen gezeichneten Stimmen ihrerseits auch als Solostimmen, somit außerhalb ihres ursprünglichen Bezugsortes, fungieren können. Wird also, umgekehrt formuliert, ein Werk derart polyphonisiert konzipiert, dann ist es möglich, innerhalb dessen weitere Werke gleichsam unterzubringen. In diesem Falle hat man ein Werk, das aus mehreren Werken besteht, die gleichzeitig (als Polyphonie von Stücken) oder aber getrennt (als Einzelwerke) aufgeführt werden kann. Solch eine Konzeption von Polyphonie nenne ich ‚Poly-Werk‘, um den hohen Grad polyphoner Komplexität zu benennen.

[…] Mein drittes Poly-Werk ist [...] der Kammerzyklus, der aus 5 Stücken besteht, die in folgender Weise miteinander zusammenhängen. Das Kammerkonzert ist ein Stück für obligates Klavier und Kammerensemble mit drei Bläsern und drei Streichern, gleichsam ein kammermusikalisches Klavierkonzert. Der Klavierpart enthält eine etwa einminütige Solokadenz, die extern gespielt werden kann und dann Kammerminiatur heißt. Dieses Werk enthält, auf extrem komprimiertem Raum, die gesamte musikalische Substanz des Kammerstücks, das den übrigen Klavierpart (die Kadenz überspringend) bildet und ebenfalls extern aufgeführt werden kann (mit zusätzlichen Angaben zur Agogik, also leicht bearbeitet).“

Deutsche Erstaufführung

Ermis Theodorakis 1979 –
Line 2009

für Klavier

„Line ist eine kurze monophonische Etüde in stochastischen Prozessen. Diese bestimmen die jeweilige Richtung und Entwicklung der Linie, indem sie auf Parameter wie Intervalle und rhythmische Bausteine angewendet werden.“

Olga Neuwirth 1968 –
Torsion 2003-2005

für Fagott

»Torsion ist eine auf allen Ebenen anspruchsvolle Partitur, die Verschiedenstes verknüpft: lange Haltetöne etwa, die wie aus ihrem Innern heraus vibrieren, schroffe Schürfungen, die die Textur aufrauen, Traditionsfragmente, die ganz knapp an die Geschichte erinnern, die in Neuwirths Musik immer auch verhandelt wird.« (Tim Gorbauch, Franfurter Rundschau, 13.06.2007)

Rebecca Saunders
Shadow 2013

für Klavier

„This solo explores the play of shadow, vertical harmonic clouds of differing density and complexity. Clouds of colour are projected into the acoustic resonance, or shadow, of the preceeding gesture. As a study, it is a detailed exploration of the sostenuto and sustaining pedals.“

Pierluigi Billone
Legno.Edre, IV. Manda 2003

für Fagott

„Der Zyklus Lego Edre I–V ist ein umfassendes Werk von insgesamt fast 80 Minuten Dauer, in dem technisches Interesse, kompositorisches Denken, abstrakte Konzeptionen und eine wachsende Sensibilität für den Klang sich an jenem Punkt treffen, an dem eine spezifische ‚Freiheit‘ möglich wird: eine, die entsteht, wenn die vollständige Vertrautheit mit dem Instrument von Aufmerksamkeit und der Fähigkeit zuzuhören geführt wird.

Der traditionelle Klang steht hier nicht mehr im Mittelpunkt. Das Fagott öffnet sich vollständig und bietet all die unerforschten Inhomogenitäten seiner physikalischen und akustischen Eigenschaften auf.

Begriffe wie ‚Klangforschung‘, ‚Tonforschung‘, ‚Effekt‘ usw. (die sich immer auf die vorder- oder hintergründige Rolle des traditionellen Klangs beziehen) werden in diesem Zusammenhang bedeutungslos.

Das Instrument wird unter dem Eindruck einer andersartigen musikalischen Konzeption, die ihre eigenen Hierarchien und Horizonte definiert, komplett neu gedacht – hinsichtlich der ‚stillen‘ Instrumentaltechniken, des Koppelungsverhältnisses von Hand und Mund sowie des relativen Notationssystems.

Der Interpret ist mit der schwierigen Aufgabe betraut, in diesen offenen Raum hineinzutreten.“